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„Kollege Roboter“ verspricht plus an Menschlichkeit für Pflege der Zukunft

„Robotik ist mehr Segen als Fluch“, sagt Kay Uhrig. Der 52-Jährige leitet die Mobile Behindertenhilfe der Stadtmission Chemnitz. Der Umgang mit schwerst-mehrfachbehinderten Menschen gehört zum Alltag des Sozialpädagogen: „Wenn die Maschine dazu beiträgt, dass Menschen ihre Selbstständigkeit zurückbekommen, ist das eine gute Sache“, ist Uhrig überzeugt. Zwar verstehe er die Bedenken derjenigen, die fürchten, dass Roboter eines Tages die Pflegefachkraft ersetzten. Uhrig erinnert aber daran, dass in Deutschland schon heute rund 120.000 Pflegekräfte fehlen.

Aus diesem Blickwinkel seien die Fortschritte bei der Entwicklung lernfähiger Robotersysteme ein Glücksfall, ist Kay Uhrig überzeugt. Die Kombination von Technik und Mechanik mit den Fähigkeiten der künstlichen Intelligenz (KI) werde dafür sorgen, dass Roboterassistenten in spätestens 20 Jahren ganz selbstverständlich zu jedem Haushalt gehören. Einen Grund zur Sorge sieht Uhrig in diesem Umstand nicht: „Das iPhone steckt doch heute auch in fast jeder Hosentasche“, sagt er und erinnert daran, dass erst 16 Jahre vergangen sind, seit Steve Jobs die Weltöffentlichkeit mit seinem ersten, damals revolutionären, Telefon überrascht hat.

„Wir werden erleben, dass sich Roboter in der Pflege als unverzichtbare Helfer etablieren“, sagt Uhrig. Bestätigt wird diese Einschätzung von Prof. Sami Haddadin, Inhaber des Lehrstuhls für Robotik und Systemintelligenz an der TU München.

In einem Interview für das Bundesministerium für Bildung und Forschung erklärt der geschäftsführende Direktor des Münchner Forschungsinstituts für Robotik und lernfähige Maschinenintelligenz (MIRMI)*: „Viel zu oft müssen sich Pflegende um Tätigkeiten kümmern, die mit dem eigentlichen Beruf nichts zu tun haben. Wir müssen“, sagt Haddadin, „diese Menschen entlasten und ihnen entsprechende Hilfsmittel an die Seite stellen.“ Die Roboter seien dabei das Werkzeug, das den Pflegekräften wieder die Zeit für das menschliche Miteinander gibt, das den Beruf auszeichnet.  Künftig könnten die intelligenten Robo-Assistenten zudem dazu beitragen, dass Menschen möglichst lange selbstständig und mobil bleiben, um am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Noch aber ist es ein langer Weg, bis die künstlichen Intelligenzen auf breiter Front Einzug in das Leben von Senior:innen und Menschen mit Behinderungen halten. Das zumindest legt der Blick in das Hilfsmittelverzeichnis der gesetzlichen Krankenversicherungen, das Pflegehilfsmittelverzeichnis der Pflegeversicherung und die Hilfsmittelkataloge der privaten Krankenversicherungen nahe. Sie listen die Hilfsmittel auf, die bei Bedarf von den Kranken- und Pflegekassen finanziert werden können.

„Bislang werden solche Entscheidungen meist im Einzelfall getroffen “, sagt Stadtmissions-Direktorin Karla McCabe. Die diplomierte Pflegewirtin erklärt: „Schon heute können intelligente Sprachsteuerungen im Alltag von Menschen mit Behinderungen eine große Hilfe sein.“ Da diese aber nicht ausschließlich der Unterstützung der entsprechenden Zielgruppe dienen, würden die Kosten von „Alexa“, „Hey Google“ & Co. auch künftig nicht von der Kasse bezahlt. McCabe: „Da gibt es eine Menge rechtlicher Vorgaben, die es zu berücksichtigen gilt.“ Daher werde es bei solchen Entscheidungen absehbar keine „Lösung von der Stange“ geben.  Die Fachfrau rät daher, einen Antrag auf die Übernahme von Kosten für intelligente Robotik im Pflegealltag durch eine ärztliche Verordnung und eine umfassende Begründung zu untermauern. Je mehr Informationen den zuständigen Sachbeabeiter:innen zur Verfügung stehen, desto besser stünden die Chancen für eine sachgerechte Bearbeitung des jeweiligen Antrags.

Über die Möglichkeiten lernfähiger KI-Systeme im Alltag von Menschen mit Behinderungen, hat auch der Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) in einem Filmbeitrag berichtet (Link)

* Munich Institute of Robotics and Machine Intelligence

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