17. Februar 2021
„Alles hat ein Ende ...“ - Ein Erfahrungsbericht von Luise Richter
Diesen Satz werde ich wahrscheinlich gedanklich immer mit meinem Einsatz im Haus am Zeisigwald über Weihnachten 2020 verbinden.
Als die Anfrage der Geschäftsführung der Stadtmission Chemnitz e.V. an uns Mitarbeitende aus den Kindergärten herangetragen wurde, ob wir uns vorstellen könnten, die Fachkräfte in den Pflegeeinrichtungen unseres Trägers bei der psychosozialen Betreuung der Bewohner sowie in der Hauswirtschaft zu unterstützen, hatte ich schnell die Gewissheit, dass ich diesen Schritt wagen möchte.
Das Haus am Zeisigwald habe ich aus meiner Zeit im Evangelischen Kindergarten Zeisignest in guter Erinnerung behalten – oft haben wir mit den Kindern die Wellensittiche in der Vogelvoliere bestaunt oder waren im Rahmen kurzer Besuche der Bewohnerinnen und Bewohner zum Singen und Plaudern in der Cafeteria. Stets wurden wir dort mit Freude begrüßt und haben schöne gemeinsame Momente gehabt.
So machte ich mich mit Vorfreude aber auch einigen Bedenken am 21.12. auf den Weg dorthin. Viele Gedanken schwirrten mir durch den Kopf- „Werde ich die Aufgaben vor Ort gut bewältigen können?“ „Habe ich genug Fachwissen, um adäquat mit den Bewohnerinnen und Bewohnern umgehen zu können?“ „Wie werde ich mich in den Abläufen zurechtfinden?“
Schon am Ende des ersten Tages war mir klar, dass diese Bedenken unnötig gewesen waren. Ich wurde vom Team auf Station herzlich aufgenommen und angeleitet und erfuhr von den Bewohnern und Bewohnerinnen Offenheit und großes Interesse.
Während der Zeit meines Dienstes stand der Wohnbereich, auf dem ich tätig war, unter Quarantäne und das Thema Corona beschäftigte viele der Bewohner und Bewohnerinnen ungemein. Zum Glück blieb neben den hauswirtschaftlichen Aufgaben auch immer wieder viel Zeit unter anderem für Gespräche über die interessanten Lebensgeschichten, das Vorlesen von Geschichten und Erzählungen aus der Weihnachtszeit und gemeinsames Singen. Außerdem lauschte ich vielen Erzählungen der Bewohnerinnen und Bewohner über geliebte Menschen, die insbesondere an Heiligabend und den Feiertagen schmerzlich vermisst wurden. Zur großen Freude aller hatten die Angehörigen in vielfältiger Weise an ihre (Groß-)Mütter und (Groß-)Väter gedacht und so verbrachten wir viel Zeit mit dem Lesen der Weihnachtspost, dem Auspacken der Geschenke und dem Bestaunen der liebevollen Aufmerksamkeiten der Familien.
Bei einem solchen Gespräch und dem gemeinsamen Auspacken der Geschenke mit einer Bewohnerin wurde ich gefragt, wann das Virus denn endlich wieder verschwinden würde. Meine Gesprächspartnerin wünschte sich sehnlichst einen Spaziergang mit ihrer Tochter.
Ich versuchte ihr Mut zu machen und sagte: „Wissen Sie, wir brauchen jetzt gerade alle noch ein bisschen Geduld. Aber alles hat ein Ende.“
Da ertönte es fröhlich aus dem Nachbarbett „Ja, junges Fräulein. Nur die Wurst hat zwei!“ Das Lachen von uns Dreien daraufhin war bestimmt noch auf dem Gang zu hören.
Diese Situation ist eine von vielen, die mein Herz berührt haben. Ich bin dankbar für die Zeit auf der Station, für die Erfahrungen, für die Erlebnisse, für das entgegengebrachte Vertrauen. Und für Erinnerungen, die ich sammeln durfte.