Historischer Rundgang durch die Naturheilanstalt: Die frühen Jahre

Die Geschichte unseres Hauses beginnt mit der Person des Bruno Bertrand Stahringer, dem Gründer der Naturheilanstalt. Wie viele andere Sachsen in der  Region war Stahringer zunächst als Strumpfwirker tätig. In seiner Freizeit beschäftigte er sich mit den Möglichkeiten der Naturheilkunde. Auslöser dafür war seine spätere Frau Anna, die - vorgeblich unheilbar - an Blutarmut und Darmbeschwerden litt.

Im Selbststudium eignete sich Stahringer umfassendes Fachwissen an und tatsächlich gelang es ihm, seine Verlobte zu kurieren. Diese Nachricht machte die Runde und zunehmend wurde er von anderen Kranken konsultiert. Um der Kritik der etablierten Ärzteschaft vorzubeugen, nahm Stahringer im Jahr 1874 an Aus- und Weiterbildungen bei bekannten Heilpraktikern und studierten Ärzten teil.

In seiner Arbeit war der ehemalige Strumpfwirker so erfolgreich, dass am 5. Mai 1892 der erste Spatenstich für seine „Naturheilanstalt“ gesetzt werden konnte. Mit dem Bau wurde die Grünaer Firma Schreiter beauftragt und Ende Februar 1893 war das neue Gebäude fertiggestellt. Die offizielle Einweihung folgte am 4. April 1893. Schon am 2. März waren die ersten vier Gäste in das neue Sanatorium eingezogen und bald wurde es nötig die Anlage um eine „Villa Margarethe“ zu erweitern (Einweihung 1895), die heute nicht mehr erhalten ist.

   

   

Die Naturheilanstalt: eine Idee, deren Zeit gekommen ist (1892 – 1895)

Mit dem Beginn der Industrialisierung entdeckten die Menschen zunehmend den Wert einer gesünderen und natürlichen Lebensweise. Viele schlossen sich in Vereinen der Naturheilbewegung an. Als der Genesung förderlich galten Wasser- und Sonnenbäder, Massagen und vielfältige Formen der Gymnastik.

Auch in Stahringers Naturheilanstalt wurde eine Vielzahl von Krankheiten nach dem Naturheilverfahren behandelt. Kuren erfolgten unter anderem bei Blutarmut, Gicht, Rheuma, Diabetes, Herzkreislauferkrankungen, Lungenleiden sowie Hauterkrankungen. Zu den Besonderheiten des neuen Grünaer Sanatoriums zählte eine, von Stahringer selbst entwickelte, sogenannte Lichtbadeeinrichtung, die das Spektrum der Kurangebote um die heilsame Kraft der Sonnenstrahlen erweiterte. Oberhalb des jetzigen Forsthauses entstand eine Lufthüttenkolonie, der „Eldoradopark“, mit sieben Holzhütten zum „Luftbaden“.

Zur Unterhaltung der Kurgäste dienten ein Gesellschaftsraum, ein Lese-, Spiel- und Musikzimmer sowie zwei Kegelbahnen. Der parkähnlich angelegte Garten mit dem kleinen Teich lud zum Verweilen ein. Es ist überliefert, dass der Teich im Sommer für Gondelfahrten und im Winter zum Schlittschuhlaufen genutzt wurde. Den Kurgästen stand zudem der große, schattige Konzertgarten des Restaurants „Bad Grüna“ zur Verfügung.

   

   

Bewegte Jahre: Aufstieg und Fall des Sanatoriums (1895 – 1915)

Das Ansehen und der wirtschaftliche Erfolg Stahringers stieß zunehmend auf den Unmut der etablierten Ärzteschaft. Mit dem Jahr 1895 nahmen die Auseinandersetzung zwischen dem Naturheilkundler und den Schulmedizinern an Fahrt auf. Dem Einfluss der Ärzteschaft folgend, wurde schließlich ein Behandlungsverbot gegen Stahringer ausgesprochen. Dieser durfte fortan keinen Einfluss mehr auf die Heiltätigkeit in seinem Sanatorium nehmen und musste im März 1896 einen studierten Arzt einstellen. Der inzwischen auch überregional bekannte Naturheilkundler ließ sich von diesem Schritt aber nicht entmutigen und baute seine Heilanstalt aus. Der Erfolg gab ihm Recht: Die Besucherzahlen stiegen - wohl zum Ärger der studierten Mediziner - weiter an.

Erste Schatten fielen im Jahr 1900 auf „Stahringers Naturheilanstalt“: Per Verordnung wurde es Stahringer untersagt, seinen Namen in der Bezeichnung der Einrichtung zu führen. Es folgte die Umbenennung des Hauses in „Sanatorium Bad Grüna“. Bald schon aber sorgten eine neue ärztliche Leitung, Misswirtschaft und rückläufige Besucherzahlen für eine anhaltende finanziellen Schieflage, die um das Jahr 1904 spürbar wurde. Zum wirtschaftlichen Zusammenbruch kam es 1912. Ein Jahr darauf wurde die Anlage von dem Limbacher Industriellen Ernst Friedemann gekauft. Dieser übereignete das ehemalige Sanatorium 1915 testamentarisch an die Stadt Limbach.

   

   

Auf und ab: Die Naturheilanstalt als Spiegel der Geschichte (1915 – 1945)

Von den Fronten des Ersten Weltkriegs strömten nie gekannte Mengen verwundeter Soldaten über die Reichsgrenzen. Die Kapazitäten von Krankenhäusern, Lazaretten und Sanatorien kamen an ihre Grenzen und so verpachtete die Stadt Limbach die Gebäude der ehemaligen Naturheilanstalt an das Militär. Ab dem Januar 1917 - bis März 1922 - wurde die Einrichtung hauptsächlich als Lazarett für Lungenkranke und verwundete Soldaten genutzt.

Die Jahre des Neuanfangs (1922-23) sahen den Umbau der Häuser zu einem Alters- und Kinderheim. Dabei diente der Südflügel als Kinderheim für erholungsbedürftige Limbacher Kinder und der Nordflügel wurde als Altersheim in kleinere Wohnungen aufgeteilt. Die Auflösung des Kinderheims folgte nur drei Jahre später (1926) und die Gebäude dienten, bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges, allein als Altersheim. Mit dem Kriegsausbruch wiederholte sich die Geschichte: Es folgte die Nutzung als Lazarett. Ab 1945 wurden die Häuser als Heim für Obdachlose und Umsiedler zur Verfügung gestellt.

   

   

Die DDR-Jahre: Pflegeheim und Behinderteneinrichtung (1945 – 1990)

Nach der Gründung der DDR am 7. Oktober 1949 und noch unter dem Einfluss der Sowjetischen Besatzungszone folgte die Nutzung, ausschließlich als Alten- und Pflegeheim. Im Zuge der Verwaltungsreform von 1952 wurde die Einrichtung dann als Kreisheim an den Rat der Gemeinde Grüna übergeben.

Zwischen 1972 und 1987 erfolgten dringend notwendige Renovierungsarbeiten, die Modernisierung der sanitären Anlagen und nötige Anbauten. Ein Beispiel dafür ist die Erweiterung des Heims, etwa um einen neuen Speisesaal für 140 Personen (1975-1980). Bis 1993 bot die Einrichtung Raum für 172 überwiegend pflegebedürftige Bewohner:innen, die von 78 Mitarbeitenden umsorgt wurden.

   

   

Neuanfang nach der Wende: Bau unseres Seniorenpflegeheims (ab 1990)

Mit dem Jahr 1991 wurde das stark sanierungsbedürftige Gebäude durch das Landratsamt Chemnitz als Eigenbetrieb betreut, 1993 folgte der Wechsel unter das Dach der Stadtmission Chemnitz. Letztere ist der größten Soziale Träger in der Region und Mitglied im Diakonischen Werk der Ev. Luth. Landeskirche Sachsens.

Die Folgejahre waren geprägt von weiteren Sanierungs- und Rekonstruktionsarbeiten auf Grundlage der „Heimmindestbauverordnung“ mit dem Ziel, die Versorgungsqualität hinsichtlich der gewachsenen Bedürfnisse und Ansprüche der Bewohner:innen weiter zu verbessern. Diesem Anspruch folgte auch die Errichtung eines Ersatzneubaus (2002/03), dem heutigen „Haus am Wald“, mit dem die Stadtmission den gestiegenen gesetzlichen Anforderungen für Pflegeeinrichtungen begegnete.

   

   

Haus Waldquell: Gepflegte Wohnkultur im historischen Ambiente (ab 2019)

Der Leerstand von rund 20 Jahren hatte sichtbare Spuren an den Hauptgebäuden der einst mondänen „Naturheilanstalt“ hinterlassen, als 2019 die Entscheidung fiel, das historische Objekt zu sanieren. Zwar hatte es auch zuvor Bestrebungen gegeben, den Verfall der baugeschichtlich interessanten Anlage aufzuhalten, diese waren aber an den erheblichen Auflagen hinsichtlich des Denkmalschutzes gescheitert. Der Umschwung kam mit der Entscheidung des Vorstandes der Stadtmission Chemnitz, das Gebäude an eine Investorengemeinschaft abzugeben mit dem Ziel, den Grundstein für ein umfangreiches Sanierungsvorhaben legen zu können.

Die Arbeiten dauerten von 2020 bis 2022. Am 11. September 2022 wurde das sanierte Gebäude feierlich eröffnet und der Öffentlichkeit vorgestellt. Im Gebäude befinden sich seitdem 24 barrierefreie und altersgerechte Wohnungen, ein Gemeinschaftraum für Begegnungen, Feste und Feiern, sowie ein Servicepunkt der Stadtmission Chemnitz e.V., als Anlaufpunkt für Fragen rund um die Versorgung von Bewohner:innen und interessierte Personen. Zusätzlich begrüßt im Souterrain die Tagespflege Haus Waldquell in schöne helle Räume ihre Tagesgäste.